Im Februar dieses Jahres, beim Samstagnachmittagsegeln mit Jürgen, schwärmte mir dieser von den Polyfalk-Segeltouren in Holland vor, die er früher mit seinen Kindern und Mitgliedern unserer Abteilung gemacht hatte. Danach hatte ich richtig Lust, so eine Tour ebenfalls zu machen.
Meiner Anfrage über den Verteiler folgten mehrere Interessentinnen und Interessenten, und so fand sich Anfang August eine Gruppe aus 6 Personen, die für 4 Tage zusammen nach Friesland fuhren. Diese waren Bernhard und sein Freund Antek, Tobias und sein Bruder Sebastian und Johannes und ich.
Wir mieteten uns zwei Polyfalken und Bernhard brachte seinen orangenen Kielschwerter Primavera aus den 70ern mit – eine Flying Cruiser, Kajütboot, 17 Fuß, mit der er schon in der Vergangenheit in Friesland und in ganz Europa unterwegs war.
Da die meisten bereits einige Jahre Segelerfahrung hatten und Bernhard und Antek das Revier kannten, fühlte ich mich als Segel-Anfängerin ziemlich sicher.
Ein entspannter erster Abend
Wir reisten am Abend mit dem Auto bei unserem Boots-Charterer in Terkaple an. Unterwegs sammelten wir noch Sebastian ein, der mit dem Zug aus Berlin kam. Bernhard und Antek stießen mit ihrer Primavera aus Terherne dazu. Und nachdem wir zusammen im nächsten Supermarkt eingekauft hatten, aßen wir gemeinsam in einem Restaurant im Ort entspannt zu Abend. Übernachtet haben wir anschließend auf den Booten bzw. im Zelt auf dem Gelände des Charterers.
Alles neu und sehr abwechslungsreich
Am nächsten Morgen wachte ich kurz vor 8 auf, zu der Zeit an der Sebastian bereits ablegen wollte. Ich war jedoch nicht die Einzige, die zu dieser späten Stunde erst aufstand. Nachdem wir auf dem Campingplatz gefrühstückt hatten, brachen wir auf.
Es war wie erhofft sehr abwechslungsreich. Wir fuhren mit dem Motor durch enge Kanäle und passierten Brücken, die wir selbst öffnen oder teilweise gegen Gebühr öffnen ließen und überquerten Binnenseen, wo es Platz zum Segeln gab.
Für mich war alles neu: Das Boot durch die oft grün bewachsenen Kanäle zu lenken, auf den Binnengewässern viel befahrene Wasserstraßen – oder auch eine Regatta – zu überqueren. Und das bei teilweise starkem Wind bis zu 6 Bft, strömenden Regen und Gewitter.
Die Ruhe bewahren in brenzlichen Situationen
Ich fuhr das Boot mit Tobias, der mehr Erfahrung hatte, aber auch nicht wesentlich mehr. Angenehm war, dass er stets sehr ruhig blieb. Insbesondere in Situationen, wo das Boot bei starkem Wind nicht das tat, was ich wollte. So rammten wir fast einmal den befestigten Rand des Kanals oder fuhren in das Schilf hinein. Wir gaben in diesen Momenten das Segeln auf, um per Motor wieder auf den richtigen Kurs zu kommen.
Die richtigen Segel-Klamotten
Nach einigen Stunden Fahren durch strömenden Regen blieb ich mit meinen Fahrradregenklamotten – die meisten trugen Ölzeug mit unterschiedlichen Dichtegrad – zwar noch am trockensten, aber am Ende der Fahrt hatte ich hier und da Risse im Material – von den zahlreichen blauen Flecken ganz zu schweigen.
Ich empfehle die Zwiebelstrategie: Oft war es in den ruhigen Häfen angenehm warm, aber sobald man auf den Gewässern unterwegs war, konnte es sehr kalt werden. Ich war froh, dass ich meine Wintermütze dabeihatte und meine übergroße Fleecejacke noch unter meine enge Regenjacke quetschen konnte. Und das im August.
Auf den Polyfalken übernachten
Die Übernachtung auf den Booten klappte gut. Für die beiden Polyfalken hatten wir Zelte zum Drüberlegen mitgemietet und Isomatten, Luftmatratze und Schlafsäcke hatten wir mitgebracht. Auf einem Boot hatten zwei Erwachsene Platz. Das Schlafen an sich wurde teilweise durch Kälte (okay, ich war die Einzige, die fror) und Umgebungslärm erschwert – Sommer ist auch in Friesland Feierzeit.
Für die Übernachtung suchten wir uns meistens Anlegestellen in den Orten. Einmal gegenüber einer Bar und einmal in der Nähe eines Festivals. Aber auch auf einer kleinen Insel mit viel Natur gab es laute Gruppen und ein Boot das die Nacht zum Feiern nutzte. Dank unserer Ohrstöpsel bekamen wir hier und da einige Stunden Schlaf ab. Am nächsten Morgen kamen meist zutrauliche Enten angeschwommen, in scheinbar freudiger Erwartung etwas Essbares abzubekommen.
Nach einem regenreichen Tag, wischten wir die Boote innen trocken, bevor wir die Zelte darüber anbrachten. Das Zelt von Johannes und mir hatte Löcher an den Nähten, und so legten wir uns vor einem angekündigten nächtlichen Regenschauer noch das Außenzelt von meinem mitgebrachten 3-Personen-Zelt als zusätzlichen Regenschutz über unsere Schlafsäcke. Dies sorgte zudem für eine kuschelige Wärme, die ich sehr zu schätzen wusste. Als es dann wirklich regnete, stellten wir erleichtert fest, dass das Regenwasser an den Innenwänden des Zeltes hinunter nach außen ablief.
Alle Anlegestellen die wir nutzten, ob auf der Insel oder im Ort, verfügten über Toiletten und Duschen.
Selbstkochen & Essengehen
Kochutensilien brachten wir mit. Tobias stellte einen kleinen Gaskocher und seinen Gasherd mit zwei Kochstellen bereit, das ideal zum Kochen war. Ich hatte eine Essensliste samt Einkaufsplan und Packliste für die Kochutensilien erstellt. Jeden zweiten Abend plante ich Essengehen ein, das je nach Situation flexibel gehandhabt werden konnte.
Bei drohenden Regen und einem Anlegeplatz im Ort war die Versuchung groß, essen zu gehen, statt unsere Vorräte aufzubrauchen. Aber auch, wenn wir uns erst aufraffen mussten, war es schön, gemeinsam zu kochen und die Zeit im Freien zu verbringen. Am Ende ging der Plan gut auf und wir hatten eine gute Kombination von Selbstkochen und Essen gehen.
Unsere Strecke
Wir haben insgesamt bis zu 72 Seemeilen zurückgelegt und etwa 7 Liter (je Polyfalk) bzw. 15 Liter Benzin (Primavera) verbraucht.
Fazit: Viel gelernt und sehr viel Energie getankt
Für mich war diese Tour eine wunderschöne Erfahrung gewesen. Ich konnte mich beim Fahren durch diese grüne, wasserreiche Landschaft und den kleinen, pittoresken Orten völlig entspannen.
Auch persönlich hat es sehr gut gepasst: Alle waren sehr aufmerksam, haben mitangepackt und hatten einen guten Sinn für Humor 😊. Vor allem hat Sebastian durch seine Frohnatur stets für eine heitere Stimmung gesorgt.
Wie Jürgen es vorausgesagt hatte, gab es gerade für Anfängerrinnen wie mich bei so einer Tour viel zu lernen. Gleich am ersten Segel-Tag hatte ich das Gefühl, dass sich bei mir eine Menge neuer Gehirnzellen gebildet hatten. Mit jemand wie Tobias zusammen zu segeln, der auch nicht alles wusste, hatte den Vorteil, dass ich die Möglichkeit hatte, meine eigenen Fehler zu machen. Gleichzeitig unterstützte er mich durch seinen Wissensvorsprung.
Unsere Empfehlungen
Das haben wir gelernt:
- Sei klamottentechnisch gerüstet auf alle Wetterlagen – sind deine Klamotten auch wirklich wasserdicht?
- Schau dir deine Segel vor jeder Fahrt an und bereite sie gut vor.
- Fülle deinen Motor-Tank vor jeder (langen) Kanalfahrt auf – mitten auf einem dicht befahrenen Kanal den Tank auffüllen, hält den Verkehr auf.
- Die Wetter-Apps Windy, Warnwetter oder Ventusky leisten gute Dienste.
- Genug Snacks einzukaufen, die mittags oder über den Tag verteilt gegessen werden können, war eine gute Idee!
- Zu Beginn weniger Lebensmittel für Mahlzeiten einkaufen, damit man noch flexibler entscheiden kann, ob man lieber essen geht oder kocht.
- Klappbare Kunststoffkisten mitbringen, die nach Themen wie Frühstück, Snacks und Kochutensilien sortiert werden – es war zeitaufwändig, die Dinge zu suchen.
Wird es diese Tour noch mal geben?
Die Begeisterung war so groß gewesen, dass wir diese Tour nächstes Jahr voraussichtlich wieder organisieren werden. Auch, weil mindestens drei Mitglieder aufgrund von Erkrankung und Terminkollisionen nicht mitfahren konnten. Diesmal wollen wir den Termin für 2024 früh ankündigen, damit dieser in die Urlaubsplanung mit einfließen kann.
An dieser Stelle bedanke ich mich nochmals ganz herzlich bei Tobias für die Organisation der Wandersegeltour!
Willst Du dabei sein? Dann melde dich gerne mit dem Betreff „Wandersegeln Friesland 2024“ unter segeln [@] wassersport-skg.de, um auf die Liste der Interessent*innen zu kommen.
Hast du noch Fragen? Dann schreib sie unten in die Kommentarfunktion. Ich werde den Artikel gerne ergänzen.
Möchtest du bei uns schnuppersegeln? Dann komm’ samstags um 14 Uhr bei uns im Vereinsheim, in der Mainfeldstraße 29, vorbei. Interessent*innen sind jederzeit willkommen!
Ein wirklich interessanter, realistischer Bericht!
Wir hatten in der SKG von einem Mitglied auch mal einen Bilder-Vortrag über eine Familienfahrt mit einem Plattbodenschiff auf dem Ijsselmeer.
Dankeschön 😊! Ja, das ist auch sehr schön. Ich habe im Sommer ebenfalls eine Familienfahrt auf einem Plattbodenschiff auf dem IJsselmeer gemacht.