Revierkunde Frankfurt am Main für Sportboote zwischen der Offenbacher- und der Griesheimer Staustufe

Wie sollten wir Wassersportler uns gegenüber der Großschifffahrt verhalten?

Der Main ist eine viel befahrene Bundeswasserstraße. Der Verkehr ist durch die Binnen- schifffahrtsstraßen Ordnung (BinSch StrO) geregelt.

Die Großschifffahrt oder Berufsschifffahrt hat prinzipiell Vorfahrt. Ein Fracht-schiff ist voll und ganz damit beschäftigt, die nächste Brückendurchfahrt anzupeilen. Auch wenn wir sicher sind in ausreichendem Abstand vor dem Frachter passieren zu können, kann das für den Kapitän ganz anders aussehen. Ein Schubverband darf bis zu 190 m lang sein und hat einen zulässigen beladungsabhängigen toten Winkel vor dem Bug von bis zu 250 m. Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige, der beim Kreuzen der Fahrrinne von einem Frachter oder Ausflugsboot aus wütend beschimpft wurde. Wir sollten innerhalb des toten Winkels nicht den Bug der Großschifffahrt passieren und dem Schiffsführer frühzeitig anzeigen, dass wir ausweichen. Je weniger ein Frachter beladen ist, umso größer ist die Heckwelle, die er auslöst. Die Schiffsschrauben haben einen Durchmesser bis 1,5 m und verursachen im Heckbereich ab dem Fahrerhaus einen starken Sog. Ein seitlicher Mindest-abstand von 10 m muss eingehalten werden. Auch bei liegenden Schiffen kann die Schraube laufen.

Wie alle Schiffe werden auch große Frachter am Heck gesteuert und machen bei Richtungsänderungen dort die größten Ausschläge. Dies ist regelmäßig bei drehenden Ausflugsschiffen zu beobachten.

Die größte Gefahr ist ein geräuschlos daher kommendes Schiff oder Ruder-boot nicht rechtzeitig wahrzunehmen. Da hilft nur regelmäßiger Ausguck. Es ist guter Brauch auch Mitsegler zu warnen.


Kleinschifffahrt: Segler, Ruderer, Paddler

Wer hat Wegerecht? Ruderer und Paddler müssen den Seglern ausweichen.

Es gibt aber Ausnahmen, und die sind auf dem Main fast die Regel. Dazu eine Frage aus der Sportbootführerschein (Binnen)- Prüfung:
Wie muss sich ein kreuzendes Kleinfahrzeug unter Segel am Wind in der Nähe eines Ufers gegenüber einem anderen Kleinfahrzeug (alle Fahrzeuge unter 20 m)verhalten?
Antwort: Das Fahrzeug unter Segel ist ausweichpflichtig ! Es darf ein anderes Kleinfahrzeug, das sein steuerbordseitiges Ufer anhält, nicht zum Ausweichen zwingen.
Ruderer und Paddler fahren meist in Fahrtrichtung rechts! Dann muss der kreuzende Segler ausweichen!

Siehe auch: Gemeinsame Fahrordnung der Frankfurter Rudervereine:
https://gewaesser.rudern.de/_media/fahrordnung_ffm_14_02_05.pdf

Wenn wir einem Ruderboot ausweichen, sollten wir es so rechtzeitig tun, dass keine Konfusion dadurch entsteht, dass beide Boote den Kurs ändern. Außerdem muss aus Erfahrung einkalkuliert werden, dass nicht jeder Ruderer, Paddler oder Segler die Ausweichregeln kennt.

Das Durchfahrtsverbot z.B. an Brücken, gilt auch für alle Wassersportler

Revier

Die Fahrrinne verläuft in unserem Revier in etwa in Flussmitte auf die jeweilige Brückenöffnung zu.
Die Fahrrinnentiefe beträgt mindestens 2,9 m, teils auch über 6 m, die Mindestbreite auf geraden Strecken 50m. Die Fahrrinne ist teilweise markiert mit grünen (in Fließrichtung links) und roten (in Fließrichtung rechts) Tonnen.
Im Bereich des Eisernen Stegs muss mit ablegenden Ausflugsschiffen gerechnet werden.


Die Fließgeschwindigkeit des Mains wird mit 0,1m/s bis 2,8m/s angegeben. Das entspricht 0,36 km/h bis 10km/h.
Wir können davon ausgehen, dass die Fließgeschwindigkeit in der Regel um 0,5 km/h liegt, außer bei erhöhtem Wasserstand. Genaue Angaben sind nur zum Durchfluss zu erhalten. Er beträgt im Sommer 124 m3/s, im Winter 256 m3/s im Mittel. Ca. ab einem Pegelstand von 180 cm am Osthafen nimmt der Durchfluss deutlich zu und es kann für Segler schwierig werden gegen die Strömung anzukommen. In aller Regel ist die Strömung in unserem Revier sehr gering.


In Ufernähe kann die Wassertiefe unter 1m betragen. Genauere Angaben existieren nicht. Auch muss man mit in den Main geworfene Gegenstände rechnen. Nicht nur Fahrräder werden in den Main entsorgt.


Typische Stellen, an denen es zu Grundberührung mit Jollen gekommen ist, sind in den folgenden, dem offiziellen Streckenatlas entnommenen, Karten markiert. Vor der Griesheimer Schleuse sind auch schon Ruderboote aufgelaufen.

 

Im diesem Bereich können Motorboote wegen des beidseitigen Steilufers unangenehme Wellenreflexionen auslösen.

Regelmäßig bleiben Jollen an niedrig montierten Radarreflektoren mit dem Mast hängen.
Bitte auch Wirbelbildung an den Brückenpfeilern
beachten.

Wassereinleitung in den Main mit starker Strömung und Wirbeln gibt es in Flussrichtung rechts
unmittelbar vor der Eisenbahnbrücke Rhein-Neckar vom Heizkraftwerk und links hinter der S-Bahnbrücke Niederrad vom Klärwerk. (s.a. Flusskarten)

Brücken und Pegelstände

Die Angaben zur Brückenhöhe im offiziellen Streckenatlas beziehen sich auf das Fahrwasser. Bezugspunkt für die Höhenangabe ist der höchste schiffbare Wasserstand HSW.

Kilometer Brücke Brückenhöhe in Metern
30,010 Autobahnbrücke Griesheim 7,75
30,970 S-Bahn-Brücke Niederrad 7,75
31,000 Eisenbahnbrücke Niederrad 7,40
32,770 Eisenbahnbrücke Main-Neckar 7,50
33,89 Straßenbrücke Friedensbrücke Ffm. 6,85
34,390 Fußgängerbrücke Holbeinsteg 7,80
34,840 Straßenbrücke Untermain 6,60
35,260 Fußgängerbrücke Eiserner Steg 6,50
35,650 Straßenbrücke Alte Brücke Ffm. 6,35
36,000 Straßenbrücke Ignatz-Bubis-Brücke 6,20
36,140 Straßenbrücke Flößerbrücke 6,60
36,900 Deutschherrn-Eisenbahnbrücke 8,80
37,330 Straßenbrücke Osthafen 8,05

Der HSW beträgt am Osthafen 370 cm, der mittlere Wasserstand MW 177 cm. Da die Strömung mit dem Wasserstand stark ansteigt segeln wir kaum bei Wasserständen über 200 cm, bezogen auf den Osthafen. Die Differenz zwischen HSW und MW nimmt von der Offenbacher zur Griesheimer Schleuse parabelförmig ab. Während sie an der Straßenbrücke Osthafen 194 cm beträgt, ist sie an der Eisenbahnbrücke Niederrad nur noch 40 cm und an der Autobahnbrücken Niederrad null cm. Das heißt, dass die für Segler relevante Brückenhöhe sich flussabwärts immer mehr den Angaben im Streckenatlas annähert.

Solang der Pegel am Osthafen unter 200 cm liegt, können Boote mit einer Masthöhe  bis 7 m über dem Wasserspiegel vom SKG-Gelände bei km 31,7 mindestens bis zum Holbeinsteg oder bis Griesheim alle Brücken sicher passieren.

Aktuelle Pegelstände am Osthafen unter:
https://pegelonline.wsv.de/gast/stammdaten?pegelnr=24700404

Pegelstand mit Prognose: Wasserstand Frankfurt a.M. Osthafen / Main (bayern.de)

Jahresdaten für Wasserstand und Abfluss am Osthafen 2020:

https://www.hnd.bayern.de/pegel/unterer_main/frankfurt-a-m-osthafen-24088001?days=365

Hochwasserportal: http://www.hochwasser-hessen.de/hochwasserportal-hessen.html

 

Windverhältnisse

Der Main in Frankfurt ist ein Leichtwindrevier. Meist bewegt sich aber trotzdem auch ein schweres Kielboot wie z.B. die Babbel. Oft ist sportlicher Ehrgeiz gefordert die besten Windfeldern zu suchen.
Der vorherrschende Wind wird in Richtung des Flussbettes abgelenkt. Durch die Bebauung und den Baumbestand am Ufer kommt es, besonders ufernah, zu teils chaotischen Windrichtungsänderungen und Wirbeln. Wir Mainsegler trösten uns mit der Überzeugung: Wer hier segeln kann, der kann es überall. Wer nicht gerne paddelt sollte bei Leichtwind einplanen die, wenn auch geringe, Fließgeschwindigkeit des Mains für den Rückweg auszunutzen.
Von unserem Gelände flussaufwärts herrschen oft schwierige Wind-verhältnisse vor dem Luft- und Lichtbad. Vor der Uni-Klinik Richtung Friedensbrücke wird es wieder besser, ebenso flussabwärts im Bereich hinter den beiden benachbarten Eisenbahnbrücken bis zur Griesheimer Schleuse. Wenn vor der Spundwand gegenüber unserem Gelände die Wende bei stärkeren Winden missglückt, kommt man schwer wieder weg. Unter den Brücken kann es zu einer Windzunahme(Düseneffekt) kommen, häufiger bleibt allerdings der Wind aus. Deshalb ist ausreichender Abstand zur Großschifffahrt vor der Brückenunterquerung wichtig.

Das Kentern mit einer Jolle ist auch auf dem Main, Wassertemperaturen über 15°C vorausgesetzt, kein Problem. Bei stärkeren Winden sollte bei Querung der Fahrrinne auch an eine mögliche Kenterung gedacht werden. In den zurückliegenden Jahrzehnten ist es zu keinen Personenschäden bei Mainseglern in Frankfurt gekommen.

Wassertemperaturen: Zwischen Anfang Oktober und Mitte Mai muss mit Wassertemperaturen unter 15°C, zwischen November und Mitte April unter 10°C gerechnet werden.
(in der Grafik Jahresverlauf der Temperatur für 2020 mit ungewöhnlich hohen Temperaturen im April)

Die aktuellen Temperaturen sind zu finden unter:
http://www.wasserstaende.de/gast/stammdaten?pegelnr=24700404

Lebensgefährliche Unterkühlungen können schon ab 15°C Wassertemperatur auftreten. Für Jollensegler und Paddler ist dann ein Neoprenanzug dringend zu empfehlen, ab Wassertemperaturen unter 10°C ein Trockenanzug mit warmer Unterkleidung. Die Ruderer haben eigene Konzepte gegen Unterkühlung.

Siehe dazu auch den Artikel zur Unterkühlung auf dieser Homepage.

Wasserqualität: Vom Schwimmen im Main muss, wegen der Belastung mit Bakterien und Schadstoffen besonders im Sommer bei niedrigem Durchfluss und hohen Wasser-temperaturen abgeraten werden. Verboten ist Schwimmen nur 100 m ober-und unterhalb der Brücken, Schleusen, Wehren, Fähren und Anlegestellen. Gelegentliches Kentern ist gesundheitlich unbedenklich, anschließendes Duschen zu empfehlen.

https://frankfurt.de/themen/gesundheit/umwelt-und-gesundheit/wasser/oberflaechengewaesser/baden-und-schwimmen-in-main-und-nidda

Wind und Wettervorhersage sind trotz umfangreicher Daten und Großrechnern oft fehlerhaft. Nicht selten ist absolute Flaute, wenn 2 Bft. oder mehr vorher gesagt wurden, umgekehrt kann man Segelspaß haben bei angekündigter Windstille. Mit der kostenfreien Windfinder App findet man auch für den Main (Standort beim benachbarten Motorboot Club) vernünftige Daten. Für wenige Euro gibt es auch eine Pro-Version. M.E. findet man die besten Vorhersagen in der App Ventusky vom Offenbacher Wetterdienst.

Führerscheine: Das Führen von Sport- und Freizeitbooten bis zu 20m Länge und weniger als 11,03kW (15PS) Motorleistung ist für Personen ab 16 Jahren mit Ausnahme der Elbe im Hamburger Hafen und des Rheins erlaubnisfrei. Das enthebt aber nicht von der Verpflichtung, alle geltenden Regelungen zu berücksichtigen. Für die Benutzung von Vereinsbooten und die Teilnahme an Vereinsregatten ist per Vereinssatzung der Sportbootführerschein Binnen vorgeschrieben, ausgenommen bei einem beaufsichtigten Training.

Im Übrigen gilt für Vereinsboote und bei Regatten eine Pflicht zum Tragen von Rettungswesten.

Näheres zu den Bootsführerscheinen:
https://www.elwis.de/DE/Sportschifffahrt/Sportbootfuehrerscheine/Sportbootfuehrerscheine- node.html

Kennzeichenpflicht: Von der Kennzeichenpflicht ausgenommen sind muskelbetriebene Boote oder Segelboote bis zu 5,50 m Rumpflänge und Motorboote bis 2,21 kW (3PS). Sie müssen aber mit dem Bootsnamen (außen) oder dem Vereinsnamen und einer Nummer und der Anschrift des Eigentümers (innen) versehen sein.

Näheres zur Kennzeichenpflicht auch für alle anderen Boote unter:
https://www.elwis.de/DE/Sportschifffahrt/Binnenbereich/Kennzeichnung- Kleinfahrzeuge/Kennzeichnung-Kleinfahrzeuge-node.html

Lichterführung: Kleinfahrzeuge müssen bei Tag und einwandfreiem Wetter keine Positionslichter mitführen. “Nacht” ist im Sinne der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung der Zeitraum zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. In allen anderen Fällen sind Positionslampen zu führen. Segelboote müssen ein weißes Rundumlicht und bei Annäherung ein 2. weißes Licht zeigen. Ruder- und Paddelboote nur ein weißes Rundumlicht.
Zu berücksichtigen ist auch, dass bei Gegenlicht Kleinfahrzeuge schlecht zu sehen sind.

Schleusen: An der Griesheimer Staustufe gibt es am rechten Uferrand und an Offenbacher neben der Haupt- Schleusenkammern Richtung Flussmitte eine Bootsschleuse für die Kleinschifffahrt. Hier gilt Selbstbedienung. Ein Segelboot sollte nicht unter Segeln in eine Schleuse ein- oder auslaufen. Bei geschlossener Bootsschleuse dürfen nach Rücksprache auch die großen Kammern benutzt werden.
Die Kenntnis der Schleusensignale ist erforderlich.


Die talfahrende Großschifffahrt muss beim Ein- und Ausfahren in die Schleusen die Flussseite wechseln.


Die Schleusen sind erreichbar unter:
Griesheim: 069 6786887-310,
Offenbach: 06181 92338-110


Schleusensignale und alle anderen Sichtzeichen und Schallsignale:
https://www.elwis.de/DE/Sportschifffahrt/Binnenbereich/Sichtzeichen-und-Schallsignale- Binnen.pdf;jsessionid=073D5ECBA0B2315E21D25DCED4A9A10F.server1t1?__blob=publicationFile&v =7 Weitere inter

Weitere interessante Links:
Hinweise des WSA für Wassersportler auf dem Main. Auch zur Führerschein- und Kennzeichenpflicht, Verhalten von Kleinfahrzeugen , 10 goldene Tipps für Ruderer, 10 goldene Regeln für Umweltschutz.:
https://www.gdws.wsv.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/_GDWS/Schifffahrt/Sportschifffahrt_Sued.pdf?__blob=publicationFile&v=11

Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg:
https://www.wsa-main.wsv.de/Webs/WSA/Main/DE/Startseite/startseite_node.html

Streckenatlas Main:
https://www.gdws.wsv.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Karten/Streckenatlas/Streckenatlas_M ain_I.pdf?__blob=publicationFile&v=6

 

SKG, Revierkunde. Jürgen Sinn 09/22